Künstliche Intelligenz (KI) ist inzwischen aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Spätestens seit dem ChatGPT-Moment im November 2022 wissen wir alle, dass KI in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist. Auch in der Baubranche findet KI immer mehr Einsatz. In unserer Blogreihe „Künstliche Intelligenz in der Baubranche“ geben wir einen Einblick in die Grundlagen der KI und wie diese im Bausektor aktuell eingesetzt wird. Hierzu gehen wir in den ersten Artikeln auf die Grundlagen ein, um in Anschluss den Einsatz von KI in der Baubranche zu beschreiben. Die verschiedenen Blogartikel können unabhängig voneinander gelesen werden, aber ebenso gut als aufeinander folgende Reihe. In dem ersten Artikel wollen wie die folgenden Fragen beantworten und die Grundlagen künstlicher Intelligenz erklären: Woher kommt der Begriff KI überhaupt und was waren die ersten Entwicklungen in diesem Bereich? Und wo ist eigentlich der Unterschied zwischen künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen?
Grundlagen künstlicher Intelligenz - Der Turing-Test
Im Jahr 1950 hat Alan Turing den Aufsatz „Computing Machinery and Intelligence“ veröffentlicht [1]. Alan Turing war ein britischer Mathematiker, der als einer der einflussreichsten Entwickler der frühen Informatik gilt. Nach ihm wurde der Turing Award benannt, der heute die höchste Auszeichnung der Informatik ist, vergleichbar mit dem Nobelpreis oder der Fields-Medaille [2]. In seinem Aufsatz hat Turing die Frage aufgeworfen, wie man feststellen kann, ob ein Programm intelligent ist. Um diese Frage zu beantworten, hat er einen Test entwickelt, den man heute Turing-Test nennt. In diesem Test kommuniziert eine Person mit zwei Partnern: einer weiteren Person und einem Computer. Kann die Testperson nicht unterscheiden, wer von den beiden Partnern der Mensch ist, wird die Maschine als intelligent bezeichnet. In diesem Aufsatz von Turing geht es zum ersten Mal um künstliche Intelligenz. Der eigentliche Begriff „Künstliche Intelligenz” kommt jedoch erst ein paar Jahre später auf.
Die Dartmouth Konferenz
Das Wort „Künstliche Intelligenz” wurde zum ersten Mal auf der Dartmouth Conference 1956 verwendet. Da die Konferenz auf Englisch stattfand, wurde in diesem Zusammenhang von „Artificial Intelligence” gesprochen, was auf Deutsch „Künstliche Intelligenz” bedeutet. Das Event wurde von den Wissenschaftlern McCarthy, Minsky, Rochester und Shannon ins Leben gerufen [3]. Die Idee hinter der Konferenz war, in zwei Monaten herauszufinden, wie Maschinen in die Lage versetzt werden können, Sprache zu verwenden, Abstraktionen vorzunehmen und Probleme zu lösen, die bisher nur von Menschen gelöst werden konnten. Überspitzt gesagt, hatten sich die Initiatoren vorgenommen, in diesen zwei Monaten das Gebiet der KI mehr oder weniger vollständig zu bearbeiten. Heute kann festgestellt werden, dass das Geheimnis der künstlichen Intelligenz weder auf der Konferenz noch aktuell vollumfänglich gelöst werden konnte.
Künstliche Intelligenz - Eine erste Definition
Zehn Jahre nach der Dartmouth Konferenz wurde erstmals eine offizielle Definition für künstliche Intelligenz erstellt. Diese wurde 1966 von einem der Initiatoren der Dartmouth Conference, Marvin Minsky, gegeben [4]:
Artificial Intelligence is the science of making machines do things that would require intelligence if done by men.
(Künstliche Intelligenz ist die Wissenschaft davon, Maschinen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die Intelligenz erfordern würden, wenn sie von Menschen gemacht würden). Im Zentrum dieser Definition steht der Begriff der Intelligenz, im Zusammenhang von Menschen und Maschinen. Die Aussage, Dinge zu tun, die Intelligenz erfordern, beschreibt ebenfalls sehr gut was KI ist: KI bedeutet, dass Maschinen intelligent handeln, nicht dass dies nach fest einprogrammierten Anweisungen erfolgt. Vielmehr bedeutet KI, dass Maschinen lernen Dinge zu tun und nicht nur Regeln ausführen, die vorher von Menschen programmiert wurden.
Die drei beschriebenen Ereignisse, das Paper von Turing, die Dartmouth Konferenz und die erste Definition der KI, gelten heute weithin als die Geburtsstunde der KI. Seitdem wurde dieses Feld weiter erforscht und verschiedenste Ansätze entwickelt, wie KI erreicht werden kann. Aktuelle Ansätze im Bereich der KI basieren häufig auf Methoden aus dem Bereich Machine Learning (maschinelles Lernen). Im Folgenden geben wir einen Überblick über diesen Begriff und was er mit KI zu tun hat.
Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen – Wo ist der Unterschied?
Die Bereiche künstliche Intelligenz und Machine Learning (ML) sind eng miteinander verbunden. KI ist der Oberbegriff, zudem alles gehört was in irgendeiner Form mit KI zu tun hat. Hierzu zählt unter anderem Machine Learning. Obwohl Machine Learning und künstliche Intelligenz häufig als Synonyme verwendet werden, ist dies nicht korrekt. Machine Learning ist nur ein Teilgebiet der künstlichen Intelligenz. Weiter oben wurde erläutert, dass KI zum Ziel hat Maschinen dazu zu befähigen intelligent zu handeln und sie so in die Lage zu versetzen Aufgaben zu lösen, die bisher nur von Menschen ausgeführt werden konnten. Obwohl diese Definition in einem Satz zusammenfasst was KI ist, lässt sie auch Platz für Spielraum. Wie Maschinen dazu befähigt werden intelligent zu handeln wird nicht definiert, sondern bleibt offen. Dies bedeutet, dass sich die Versuche intelligente Maschinen zu erschaffen im Laufe der Zeit ändern können. Beispielhaft kann man hierfür die Entwicklung von Software anführen, die Spiele wie Schach meistern kann.
Während vor 60 Jahren Maschinen als intelligent galten, die in der Lage waren Checkers (eine Variante des klassischen Damespiels) zu spielen [5], würde das reine Spielen von Schach oder Dame heute nicht mehr als intelligent gelten, da Schach heute auf vielen Betriebssystemen eine Standardinstallation ist. 1997 konnte der von IBM entwickelte Computer Deep Blue den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow besiegen [6]. Um dies zu bewerkstelligen wurde Deep Blue mit tausenden gespielten Partien Schach trainiert, um zu erlernen welche Züge wann am Besten ausgeführt werden. Im Jahr 1997 galt die Fähigkeit von Maschinen den Schachweltmeister in Schach zu besiegen als intelligent. 2017 (Vollversion 2018) veröffentliche DeepMind (heute Google DeepMind), ein Paper, indem es die Entwicklung von AlphaZero beschreibt [7]. AlphaZero wurde entwickelt, um die Spiele Schach, Go und Shōgi zu meistern. Im Gegensatz zu Deep Blue wurde AlphaZero jedoch nicht auf gespielten Schachpartien trainiert, sondern lediglich mit den Spielregeln der drei Spiele ausgestattet. Trainiert wurde das Programm, indem es die drei Spiele gegen sich selber spielte und hierdurch erlernte diese so zu spielen, dass es andere Programme besiegen konnte, die bis dahin als Beste in diesem Bereich galten. An der Entwicklung der Fähigkeiten von Computern Spiele wie Schach zu spielen und Menschen darin zuschlagen, zeigt sich wie unterschiedlich der Begriff der künstlichen Intelligenz im Laufe der Zeit wahrgenommen werden kann. Dinge die vor 60 Jahren von Maschinen gelöst werden konnten und als intelligent galten, werden heute als normal vorausgesetzt. Gleichzeitig werden Programme wie AlphaZero wahrscheinlich in weiteren 60 Jahren ebenfalls lange überholt sein und durch bessere Programme ersetzt werden. Während der Begriff der künstlichen Intelligenz also sehr vage ist und sich die Definition, was im Zusammenhang mit Maschinen als intelligent gilt, immer wieder ändern kann, ist der Begriff Machine Learning klar definiert.
Machine Learning – Eine Definition
Wie oben erwähnt ist ML ein Teilgebiet der KI und lässt sich konkreter definieren. Beispielhaft haben wir die folgenden Definitionen für den Begriffe des Machine Learning ausgewählt:
Machine Learning ist der Teil der Künstlichen Intelligenz, der untersucht, wie Computeragenten ihre Wahrnehmung, ihr Wissen, Denken oder Handeln auf der Grundlage von Erfahrungen oder Daten verbessern können [8].
Machine Learning ist eine Anwendung der Künstlichen Intelligenz, die Systeme in die Lage versetzt, automatisch aus Erfahrungen zu lernen und sich zu verbessern, ohne explizit programmiert zu werden. Der Schwerpunkt des maschinellen Lernens liegt auf der Entwicklung von Computerprogrammen, die auf Daten zugreifen und sie nutzen können, um selbst zu lernen [9].
Beide Definitionen besagen im Wesentlichen das Gleiche und beschreiben sehr gut, was Machine Learning ist und wie es grundsätzlich funktioniert. Zunächst wird auch in diesen Definitionen darauf hingewiesen, dass ML ein Teil bzw. eine Anwendung der KI ist und die beiden Begriffe nicht synonym sind. Das Ziel von ML ist es, dass Computerprogramme oder auch Agenten, wie sie manchmal genannt werden, aus Erfahrungen und Daten lernen, um ihr Verhalten zu verbessern. Die beiden Begriffe Erfahrung und Daten sind dabei von zentraler Bedeutung. Klassische ML-Anwendungen benötigen eine große Menge an Daten, um trainiert werden zu können. Deep Blue benötigte beispielsweise die Ergebnisse von Tausenden von gespielten Schachpartien. Um ein gutes Programm trainieren zu können, reichen aber nicht nur die Ergebnisse aus, sondern es werden auch alle Spielzüge benötigt, die zu diesem Ergebnis geführt haben. Durch die Kombination der Ergebnisse mit den einzelnen Spielzügen konnte Deep Blue erfolgreich trainiert werden. Grundsätzlich gilt für ML-Programme: Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto besser kann das Programm trainiert werden. Wenn wir in diesem Zusammenhang von einem Programm sprechen, meinen wir einen Algorithmus. Im Zusammenhang mit ML gibt es verschiedene Algorithmen, die zum Trainieren eines Modells verwendet werden können. Zum Beispiel Decision Trees, Support Vector Machines oder künstliche neuronale Netze. Die sogenannte Architektur der Algorithmen wird vor dem Training festgelegt. Während des Trainings werden dann die einzelnen Gewichte angepasst. Das ML-Programm wird also nicht explizit programmiert, sondern lernt aus den Mustern der Daten, was es tun muss, um besser zu werden.
In diesem ersten Blogbeitrag der Reihe „Künstliche Intelligenz in der Baubranche“ haben wir die Grundlagen künstlicher Intelligenz und des maschinellen Lernens erläutert. Im zweiten Beitrag der Reihe gehen wir auf die drei grundsätzlichen Arten des maschinellen Lernens (Supervised- , Unsupervised und Reinforcement Learning) ein.
Quellen
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